Sonntag, 1. Dezember 2013

Wahrnehmungsverzerrungen während der Meditation

Es gibt Erscheinungen – Gesichter, Halluzinationen, täuschende Empfindungen, man nennt sie Makyo, die jeder, der Zen übt, auf bestimmten Stufen des Sitzens erfährt. 

Manchmal bewegt sich der Körper von Seite zu Seite oder vorwärts und rückwärts oder neigt sich zu einer Seite, oder man hat das Gefühl des Sinkens oder des Sicherhebens. Es kommt auch vor, dass man meint, einen besonders wohlriechenden Duft zu riechen. Oder es brechen plötzlich Worte unkontrolliert aus einem heraus. Es gibt sogar Fälle, wo man ohne dessen bewusst zu sein, Dinge niederschreibt, die sich später als prophetische Wahrheiten herausstellen. Sehr häufig sind die visuellen Halluzinationen. Sie üben Zazen mit offenen Augen, und plötzlich fangen die Ecken der Tatami (Matte) an, sich wie Wogen auf- und ab zu bewegen. Oder plötzlich erscheint alles vor ihren Augen weiß oder schwarz. Eine Stelle im Holz der Tür erscheint plötzlich als ein Tier, ein Dämon oder als ein Engel.

 Einer meiner Schüler hatte oft Visionen von Masken, Teufelsmasken oder Narrenmasken. Ein anderer mir bekannter Mann wurde bei seiner Übung durch Erscheinungen Buddhas und seiner Jünger, die um ihn herum schritten und dabei Sutren rezitierten, stark beunruhigt. Ein Schüler hörte immer die Töne einer Bambusflöte, während er Zazen übte.

Es kommt auch vor, dass ein Übender die Fähigkeit entwickelt, durch feste Gegenstände hindurch zu sehen, so als wären sie durchsichtig. Oder er kann seinen eigenen Körper als durchsichtig empfinden. Er sieht Buddhas und Bodhisattvas!

Karlfried Graf Dürckheim – Wunderbare Katze und andere Zen Texte S. 134-138

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