Montag, 1. April 2013

Dorothy Caruso zu Besuch bei Gurdjieff 1948

Dann sagte er: »Wissen Sie, was man unter Bewußtsein versteht?« »Ja«, sagte ich, »es bedeutet, daß man etwas kennt.« »Nein, nicht etwas kennt, sondern sich selbst kennt: Ihr Ich. Sie nicht kennen Ihr Ich, nicht eine Sekunde in Ihrem ganzen Leben. Jetzt ich sagen, und Sie versuchen. Aber sehr schwer. Sie versuchen, sich daran zu erinnern, daß Sie sagen <Ich bin>, immerzu. Sie das nicht können, nicht wichtig. Sie versuchen. Sie verstanden?«

Nach diesem Gesprächsbeginn sagte ich nichts mehr von dem, was ich mir zu sagen vorgenommen hatte. Ich erzählte ihm von meiner Kindheit in meinem Vaterhaus, von Enricos Güte und meiner Verzweiflung, als er starb; ich erzählte von meinen Kindern und wie sehr ich sie liebte. Und fuhr fort: »Ich weiß nichts von dem, was die anderen wissen. Ich weiß nicht einmal, was ich Sie fragen soll. Was soll man machen, wenn man nicht weiß, wo man anfangen soll. Was soll ich tun?« »Sie müssen Ihrem Vater helfen«, sagte Gurdjieff. Ich dachte, ich hätte zu schnell gesprochen und Gurdjieff habe nicht alles verstanden, und wiederholte ihm nun, daß mein Vater tot sei. »Ich weiß, das haben Sie schon gesagt. Aber Sie hier sein wegen Ihrem Vater. Sie dafür haben Erkenntnis. Er ist tot. Zu spät, ihn selbst wiedergutmachen. Aber Sie können wiedergutmachen an seiner Stelle. Ihm helfen.« »Aber, wie kann ich ihm helfen, wenn er tot ist? Wo ist er?« »Überall um Sie herum. Sie müssen an sich selbst arbeiten. Sich daran erinnern was ich gesagt: Ihr Ich. Und was Sie für sich tun, das tun Sie auch für mich.«

Mehr sagte er nicht, aber ich spürte, daß er etwas Großes gesagt hatte, und ich verließ ihn mit irgend etwas Reichem, Seltsamem, etwas Bedeutungsschweren...

Louis Pauwels - Gurdjew der Magier S. 227

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